Anleger, die Teile ihres Vermögens in einen offenen Immobilienfonds aufgrund einer Anlageempfehlung investiert haben, der entweder abgewickelt wird oder von der Anteilsrücknahme ausgesetzt wurde, sollten in Erwägung ziehen zu prüfen, inwieweit sie bei Abschluss des Anlagegeschäfts anlagerecht und objektgerecht beraten wurden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinen Entscheidungen vom 29.04.2014 (Az. XI ZR 477/12 und XI ZR 133/13) ausgeführt, dass eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds empfiehlt, den Anleger ungefragt über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklären muss. Ob eine Aussetzung der Anteilsrücknahme zum Zeitpunkt der Beratung vorhersehbar oder fernliegend ist, spielt für die Aufklärungspflicht der Bank keine Rolle.
Über das Risiko von Verlusten durch Aussetzung der Anteilsrückname bei offenen Immobilienfonds muss aufgeklärt werden
Mit der Entscheidung zum Aktenzeichen XI ZR 133/13 hat der BGH das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13.02.2013 (9 U 131/11) bestätigt. Hier hatte das OLG Frankfurt entschieden, dass das beratende Kreditinstitut gegenüber dem Kunden zum Schadenersatz verpflichtet ist, da sie den Kunden nicht darüber aufgeklärt hat, dass offene Immobilienfonds die Rücknahme ihrer Anteile auch zeitweilig aussetzen können. Die hiergegen eingelegte Revision des Kreditinstituts wurde vom BGH zurückgewiesen. Der Entscheidung des BGH, Az. XI ZR 477/12, lag ein Urteil des OLG Dresden zugrunde. Das OLG Dresden hatte hingegen eine entsprechende Aufklärungspflicht der beratenden Bank in seiner Entscheidung vom 15.11.2012 abgelehnt und darauf verwiesen, dass das bei einer Rücknahmeaussetzung für den Anleger drohende Verlustrisiko im Jahr 2008 eher „theoretischer Natur“ gewesen sei. Aus diesem Grund hätte eine Bank, so nach Auffassung des OLG Dresden, im Frühjahr 2008 noch nicht über die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme aufklären müssen. Auch diese Entscheidung des OLG Dresden wurde vom BGH aufgehoben, jedoch zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das OLG Dresden zurückverwiesen.
Lange Zeit wurden Anteile an offenen Immobilienfonds von Banken als sicher und wegen der jederzeitigen Verfügbarkeit des Kapitals auch als hervorragende Alternative zum Tagesgeldkonto angepriesen und auch sicherheitsorientierten Anlegern zur Investition empfohlen. Zwischenzeitlich wurde jedoch bei mehreren offenen Immobilienfonds eine Aussetzung der Rücknahme der Anteile vorgenommen.
Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs eröffnen Anlegern die Möglichkeit, Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit der Falschberatung zum Erwerb von offenen Immobilienfonds einer außergerichtlichen, ggf. auch gerichtlichen Überprüfung geltend zu machen.
Anleger, die von einer Anteilsrücknahmeaussetzung bzw. von einer Abwicklung eines offenen Immobilienfonds betroffen sind, können in einer Erstberatung durch einen Spezialisten für Bank- und Kapitalmarktrecht prüfen lassen, ob Chancen bestehen, in diesem Zusammenhang Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Hierbei ist zu beachten, dass wegen der 3-jährigen kenntnisabhängigen Verjährungsfrist Schadenersatzansprüche zum Ende des Jahres verjähren können.